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Bloodstained: Ritual of the Night (Action-Adventure) – Endlich ein neues Castlevania

Es war eines der erfolgreichsten Kickstarter-Projekte im Videospielbereich. Mit Bloodstained: Ritual of the Night schien Entwickler-Urgestein Koji Igarashi genau den Nerv der Fans getroffen zu haben, die ein Spiel im Stil des Klassikers Castlevania: Symphony of the Night wollten – ein Titel, an dem Igarashi ebenfalls federführend beteiligt war. Nach haufenweise erreichten Zusatzzielen, allerdings auch einigen Problemen und massiven Verschiebungen ist der Titel jetzt erhältlich. Ist Bloodstained das moderne „IgaVania“, das alle erwartet haben? Die Antwort verraten wir im Test.

© ArtPlay / Inti Creates / WayForward / 505 Games

Wie angepriesen

Über 65.000 begeisterte Backer haben Koji Igarashi über fünfeinhalb Millionen Dollar zur Verfügung gestellt, damit er sein Projekt Bloodstained: Ritual of the Night vollenden kann. Eine stolze Summe, mit der auch sämtliche Zusatzziele erreicht wurden, wie u.a. das Engagement von David Hayter (Metal Gear Solid) als Stimme einer Figur. Und Igarashi-San, der vor allem mit Castlevania: Symphony of the Night (zum Klassiker) einen Teil der Wortschöpfung MetroidVania für ein Subgenre des Action-Adventures definierte (wobei seine Fans den Begriff „IgaVania“ bevorzugen) liefert bis auf die mittlerweile eingestampften Vita- und Wii-U-Fassungen genau das ab, was er ausgelobt hatte: Bis auf den Namen ist Bloodstained genau das Castlevania, auf das die Fans bei Konami vergeblich hoffen. Die Hauptfigur ist zwar weiblich und statt Dracula wartet mit Gebel ein Protagonist, der wie die Heldin Miriam das Ergebnis von Alchemie-Experimenten ist. Aber Angefangen von der Karte, für die sogar das gleiche Farbschema wie in Symphony of the Night gewählt wurde über die Speicherräume bis hin zu dem Öffnen neuer Gebiete mit hinzugewonnen Fähigkeiten oder den Kämpfen in den sich stets neu auffüllenden Arealen bietet Bloodstained genau das Spielerlebnis, das sich die Fans gewünscht haben.

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Die vor allem zu Beginn etwas spröden Kämpfe bekommen durch freigeschaltete Spezialfähigkeiten sowie die entdecken Sonderangriffe der einzelnen Waffen Dynamik. © 4P/Screenshot

Doch vor allem die ersten ein bis zwei Stunden sind trotz komplett vertonter Dialoge im Visual-Novel-Stil, einer passablen Figurenzeichnung sowie einem interessanten Artdesign eher spröde. Und das, obwohl man sich als Castlevania-Veteran sofort heimisch fühlt und jeden Moment erwartet, dass ein Belmont oder Dracula höchstpersönlich um die Ecke kommt. Doch manchmal steht Bloodstained die Nähe zu den Klassikern auch im Weg. Wie z.B. beim Grind, der vor allem in der Anfangsphase nötig ist, um die Figur auf eine neue Stufe zu hieven, mit der sich ihre Fähigkeiten automatisch steigern und sie durchschlagskräftiger wird. Insbesondere, da das Kampfsystem zu Beginn einen sperrigen Eindruck hinterlässt, den es nie ganz hinter sich lassen kann. Je nach ausgerüsteter Waffe benötigt die Ausführung des Schlages unterschiedlich lang. Ist man mit schwerem Gerät unterwegs, dauert die Bewegung z.B. gefühlt eine Ewigkeit, während Dolche deutlich schnellere Angriffe erlauben. Da es wie auch bei allen anderen Schlag-, Hieb- oder Stichwaffen nur jeweils eine Animation pro Attacke gibt, wird man dieser Angriffsschleifen aber schnell überdrüssig. Insbesondere auch, da Miriam in den Kämpfen zu häufig unartikuliert schreit – was sich wie eine Mischung aus gequälter Micky Maus und einer Krähe anhört.

Komplexer als erwartet

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Man kann die Auseinandersetzungen auch unterstützt von einem Begleiter (mit eigenem Levelsystem) erleben. © 4P/Screenshot

Dabei hat Igarashi-San zahlreiche Systeme eingebaut, mit denen das CastleVania-Prinzip deutlich aufgewertet wird – und die sich schließlich auch auf die Auseinandersetzungen auswirken. Doch bis man diese alle erfasst hat und sinnvoll einzusetzen versteht, was zu einem deutlichen Motivationsanstieg führt, wird man immer wieder an die Frustgrenze geführt. Nicht zuletzt auch, weil vieles abermals auf Grind setzt. Das mächtige Alchemie-System zur Herstellung von Essen, Waffen, Rüstung, Heiltränken etc. benötigt z.B. Rohstoffe – und das nicht zu knapp. Die wiederum gibt es in entsprechender Summe natürlich nur, wenn man immer und immer wieder die gleichen Gegner weghaut. Dass damit so ganz nebenbei auch die Figur kontinuierlich aufsteigt, ist zwar ein angenehmer Nebeneffekt. Doch letztlich ist vor allem die Aussicht, sich nahezu jede der zig im Spiel verfügbaren Waffen schmieden zu können, dafür verantwortlich, dass man die Beutejagd ein ums andere Mal auf sich nimmt. Insbesondere wenn man nicht das Glück hat, die gewünschte Ausrüstung in einer der häufig schwer zugänglichen Truhen zu finden oder als Belohnung für die Nebenmissionen zu erhalten, die in erster Linie aus Hol- und Bringdiensten bzw. Tötungs-Missionen bestehen.