Seit Heavenly Sword verbinde ich mit den Spielen von Ninja Theory etwas ganz Besonderes, denn vor allem Charakterzeichnungen und Kampfsysteme gelingen dem Studio meist hervorragend. Doch mir war natürlich auch klar, dass Bleeding Edge eine ganz andere Kiste sein wird. Schließlich fällt markantes Erzählen in einem Multiplayer-Prügler- bzw. -Shooter schon mal weg. Bleibt das Kampfsystem – immerhin das zentrale Element in dieser Art Spiel – und im Test die Frage, ob sich die Briten einmal mehr darüber auszeichnen können.
Doch wozu genau sollte man in Bleeding Edge überhaupt motiviert sein? Je nach Modus muss man drei wechselnde Positionen möglichst lange halten oder Kanister aufzusammeln und dort abgeben, wo das gegnerische Team genau das gleiche vorhat. Das sind die beiden nicht gerade üppigen Spielvarianten – üppig weder in Bezug auf ihre Anzahl noch auf ihren jeweiligen Inhalt. Allzu spannend sind die ständigen Positionswechsel nämlich nicht. Anhaltende Grabenkämpfe entstehen zudem nicht; im besten Fall erlebt man lediglich kurze unterhaltsame Scharmützel an den zentralen Positionen.
Besonderheiten wie fahrende Züge, sich schließende Tore oder Kisten mit Boni für Verteidigungs- und Angriffswerte nutzen erfahrene Spieler zwar geschickt zu ihrem Vorteil, dafür gleichen sich die bislang wenigen Karten doch sehr: Alle fünf bestehen im Wesentlichen aus sich wiederholenden Folgen gleichförmiger Flure und Arenen sowie höher gelegenen Stegen. Wirklich herausstechende Positionen oder visuelle Höhepunkte sucht man vergeblich.
Plattformübergreifend
Nun kann gleichförmiges Taktieren auch an unspektakulären Schauplätzen funktionieren und tatsächlich hat Ninja Theory einen halbwegs zufriedenstellenden Flow aus coolen Fähigkeiten und gelungenem Teamplay erschaffen. Im Wesentlichen funktioniert die Team-Action, ist hübsch anzuschauen und wird von einem lässigen Soundtrack untermalt – auch wenn mir schon dessen (abschaltbares) Vorhandensein selbst in den Matches signalisiert, dass sich Bleeding Edge eher an Gelegenheits-Spieler richtet.
Und immerhin haben sich die Entwickler viele Gedanken um das Drumherum gemacht, bieten etwa zahlreiche Optionen zum Anpassen der Steuerung und sogar einen Trainingsraum mit einstellbaren Parametern, in dem man sich in Ruhe mit den Charakteren vertraut macht. Auch das Ansehen von Wiederholungen anderer Partien ist eine sinnvolle Idee, das Vorhandensein eines Sprachchats ebenso wie nicht zuletzt das gemeinsame Crossplay von Xbox-One- und PC-Spielern. Freigeschaltete Verzierungen werden beim Verwenden desselben Kontos dabei ebenso plattformübergreifend übernommen wie die Einstellungen von Steuerung, Kamera usw. – das ist natürlich vorbildlich.
Weniger gelungen ist das Spiel allerdings auf der normalen Xbox One; dort blickt man nämlich nicht nur auf spät auftauchende Texturen, sondern auch auf eine unangenehm niedrige Auflösung und eine ähnlich niedrige Bildrate. Viel schlimmer ist jedoch das ständige Stottern, das den Ablauf praktisch durchgehend begleitet sowie erstaunlich große Lag-Verzögerungen in den Bewegungen der Figuren. Technisch ist das so schlecht, dass ich euch im aktuellen Zustand von dieser Fassung dringend abrate! Auf PC ist mir zwar ebenfalls ein auffälliges Stocken begegnet, alles in allem läuft das Spiel dort aber rund.
Was nicht bedeutet, dass das unübersichtliche Wirrwarr nicht auch dort auf Dauer ermüdend und – viel schlimmer – recht spaßfrei ist. Hat die Kamera ohnehin immer wieder mal Aussetzer, wenn man vor einer Mauer steht, kann man im Handgemenge nämlich kaum Freund und Feind unterscheiden. Das wichtige Timing zum Abwehren von Angriffen gelingt so nicht und auch aufgeschaltete Gegner sind übrigens viel zu schlecht als solche zu erkennen.
Wie wollt ihr spielen?
Am besten funktioniert in Bleeding Edge also nicht das eigentliche Spiel – wohl aber das Erweitern der Charaktere über Mods, von denen man jeweils drei ausrüstet und in einem Set speichert. Neue Mods spült dabei der Zufall ins Inventar: Die verkauft man entweder, um sich irgendwann eine Mod zu leisten, die schon lange auf dem Wunschzettel steht, oder man setzt sie gleich ein. Auf jeden Fall stärkt man auf diese Art eine bevorzugte oder besonders effektive Spielweise. Abgesehen davon gibt es selbstverständlich auch Lackierungen für die Hoverboards, auf denen man umher schwebt, sowie Outfit-Varianten, falls einem der Stil des bevorzugten Kämpfers nicht passt. Immerhin gehören die Figuren zumindest auf den ersten Blick noch mit zum Besten hier.