Veröffentlicht inTests

Baldur’s Gate: Enhanced Edition (Rollenspiel) – Baldur’s Gate: Enhanced Edition

Als Rollenspieler hat man auf dem iPad nicht viel Auswahl an Klassikern. Umso neugieriger war ich auf die Baldur’s Gate: Enhanced Edition. Der ehemalige BioWare-Designer Trent Oster kündigte im März mit seinem neuen Studio Beamdog eine Umsetzung für PC, iOS und Android an. Lohnt sich der Kauf für 8,99 Euro? Nein!

© Overhaul Games / BioWare / Beamdog / Atari / Beamdog / Deep Silver / Skybound Games / NBG

Nostalgische Zeitreise?

[GUI_PLAYER(ID=100832,width=400,text=Der Trailer zur Umsetzung des Rollenspiel-Klassikers von 1998.,align=right)]Als Khalid im Angesicht des Todes von Jaheira vor Verzweiflung schreit, ereilt mich schon wieder eines dieser angenehmen Déjà-vus. Ich fühle mich ins Jahr 1998 vor meinen PC zurückversetzt. Kein Wunder: Wie viele andere Rollenspieler habe ich Baldur’s Gate damals mit Heißhunger verschlungen. Einem kanadischer Entwickler namens BioWare gelang es, die Fantasywelt der Vergessenen Reiche in moderner Kulisse zum Leben zu erwecken – kein Vergleich zu den Goldbox-Abenteuern von SSI.

Aber auch wenn mir einige nostalgische Seufzer entweichen, als zu Beginn Gorion und Imoen auftauchen, wird das Kopfschütteln angesichts dieser Umsetzung mit jeder Spielminute stärker: Die fummelige Steuerung der bis zu sechsköpfigen Gruppe ist nicht nur aufgrund der Wegfindung genauso ein Graus wie die antiquierte Benutzeroberfläche. Ja, man kann die überfrachteten Leisten links und rechts aus- und einblenden, aber warum hat man das nicht entschlackt und das Navigieren zwischen all den AD&D-Tabellen eleganter gelöst? Warum bekomme ich erst Infos über Gegenstände, wenn ich gedrückt halte und loslasse – warum kein einfacher Doppeltipper? Warum ist es so nervig, die Beute aufzuheben oder Kisten zu durchsuchen?

Verkorkste iPad-Umsetzung

Auch wenn nostalgische Gefühle aufkommen: Dieses Rollenspiele wurde sehr schlecht für das iPad umgesetzt.
Auch wenn nostalgische Gefühle aufkommen: Dieses Rollenspiel wurde sehr schlecht für das iPad umgesetzt. © 4P/Screenshot

Viel schwerer als dieses für iPad angepasste, aber verhunzte Interface wiegt, dass man sich aufgrund der ungenauen Abfragen schon bei der Auswahl der Figuren vertippt. Auch das Betreten von Gebäuden ist eine Geduldsprobe mit Pokerflair: Mal wird sofort ins Innere geladen, mal kommt die Gruppe einfach nicht vorwärts, obwohl die Taverne offen ist – mal friert das Spiel komplett ein. Und weil man keinerlei optisches Feedback bei der Gegnerfixierung im Kampf erhält, tippt man zur Sicherheit doppelt und dreifach auf ein Monster, bis endlich mal das Waffenicon im Charakterportrait erscheint;  dabei kann es sein, dass man in Gefechten mit vielen Beteiligten aus Versehen die eigenen Leute attackiert. Hinzu kommen schlimme KI-Aussetzer, wenn etwa die Wachen nicht auf Feinde reagieren. Man fühlt sich wie in einer Alphaversion.

Warum wird das große Potenzial der Touch-Oberfläche nicht genutzt? Ich kann ja nicht einmal die ganze Gruppe direkt mit dem Fingerlasso einfangen, sondern muss eine Schaltfläche anklicken; selbst Namen von Gebäuden oder Orten werden  manchmal gar nicht oder spät eingeblendet – man fühlt sich in die Steinzeit der Benutzeroberflächen versetzt. Genauso geht es der Kulisse: Das Abenteuer ist immer noch stimmungsvoll, vor allem aufgrund der Soundeffekte, der Umgebungsgeräusche sowie der Musik. Aber die Spielwelt wirkt eher spröde. Und wenn man mal hinein zoomt, bekommt man einen unansehnlichen Pixelbrei zu Gesicht. Leute, das soll „Enhanced“ sein?