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Ary and the Secret of Seasons (Action-Adventure) – Zelda-Hommage für alle Jahreszeiten?

Glühende Tempel, coole Jahreszeiten-Puzzles, eine abenteuerlustige junge Heldin: Der Indie-Titel Ary and the Secret of Seasons versprach in vielen Bereichen klassisches Action-Adventure-Flair im Zelda-Stil. All das hilft jedoch wenig, wenn schon wieder ein Spiel unfertig auf dem Markt landet.

© eXiin / Fishing Cactus / Modus Games

Aryelle, die Bug-Jungfrau?

Dass sich die Studios eXiin und Fishing Cactus übernommen haben, wurde schon in den ersten Minuten offensichtlich. Nicht nur Arys zwielichtiger Schwarm Crocus glitchte plötzlich durchs Mauerwerk seiner Burg, auch Ary selbst landete im Spielverlauf immer wieder mal in Tischen oder an anderen Orten unter der regulären Karte, an denen sie sich auf ihrem Abenteuer vermutlich nicht herumtreiben sollte. Kamera-Zuckungen und gebrochen übersetzte Dialoge (während derer man von Gegnern attackiert wird) sind nur einige der Macken, die im Laufe des Spiels dazwischenfunkten. Auf einem PC mit einer GeForce RTX 2080 Ti verdarben sie mir dank flüssiger Bildrate immerhin nicht komplett die Laune. Auch die vielen fairen Speicherpunkte lassen die Probleme weniger fatal erscheinen.

Auf der Xbox One X allerdings ging trotz schlichter Kulisse eckiger Gebäuden und austauschbarer NPC-Gesichter öfter mal die Framerate in die Knie. Vielleicht hätte man die idyllisch im Wind wogende Botanik etwas zurückfahren sollen, selbst wenn sie zu den wenigen grafischen Glanzpunkten gehören. Auf der PS4 Pro wurde es sogar noch schlimmer: Das massive Tearing zerfetzte das Bild fast pausenlos in der Mitte – und damit auch meinen Willen, auf Sonys Konsole überhaupt weiterzuspielen.

Ziemlich austauschbar

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Deutsch gibt es trotz junger Zielgruppe nur in Untertiteln des auf Englisch vertonten Abenteuers. © 4P/Screenshot

Normalerweise würde ich nicht mit technischen Schilderungen in einen Test einsteigen, doch bei Ary drängt es sich regelrecht auf. Der unfertige Zustand sorgte schließlich auch beim Spielen von Anfang an für Frust – vor allem auf den Konsolen. Auf dem PC kam etwas mehr klassisches und augenfreundliches Action-Adventure-Flair auf. Die Geschichte um einen bösen Magier, ins Land einfallende Hyänen und verschwundene Kinder wie Arys Bruder gewinnt nicht gerade einen Originalitätspreis, zumal auch ihre Figuren relativ austauschbar wirken. Dieser Eindruck entsteht auch in den vielen öden Hol- und- Bringediensten der Nebenquests. In einer überfrorenen Sommeridylle etwa muss die in Badekleidung herumstehende Bevölkerung aufgewärmt werden, die zu bequem ist, sich selbst wärmere Kleider zu besorgen. Seit rätselhafte Kristalle aus dem Himmel fielen, ist im Reich Valdi alles anders, weil die ewigen Jahreszeiten der vier Regionen ordentlich durcheinandergewürfelt wurden.

Ary und ihre Helfer kommen im Grunde sympathisch rüber, was aber vom gewollt komischen Humor untergraben wird. Dieser offenbart sich z.B. in den exzessiven Boogie-Tanzeinlagen des ältesten Mitglieds des Jahreszeiten-Rats. Oder darin, dass die Heldin tausenden von Gegnern mitteilt, dass sie stinken. Allgemein vermitteln die anspruchslosen Kämpfe nicht gerade das Gefühl, sich als auserwählte Kriegerin auf einer Mission zu befinden, um die sich im Land uralte Legenden ranken. Am Großteil der unmotivierten Standard-Krieger konnte ich einfach locker vorbei joggen, ohne in Schweiß auszubrechen. Auf Dauer werden die Gefechte zwar etwas variantenreicher – dank kleiner Kombos, Energie-Aufwertungen, alternativer Schlagwaffen vom Händler oder einer Schleuder. Doch trotz der Ausrichtung auf eine junge Zielgruppe hätte ich mehr Spannung erwartet, als ich Lager voller Schafwachen, Heilmagiern oder Feuerballblumen überfiel. Vor allem der leicht auszuführende Konterangriff ist deutlich zu mächtig geraten!

Coole Saison-Tricks

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Es ist Zeit, ein paar Hebel und Kugeln mit dem Blitzstrahl durch die Gegend zu wuchten! Magische Findlinge verstärken den Effekt der Jahreszeiten übrigens – für einen größeren Sphären-Radius. © 4P/Screenshot

Während des rund achtstündigen Abenteuers stellte sich lediglich bei den namensgebenden Jahreszeiten-Puzzles ein schönes Entdecker-Gefühl ein. Aryelle (so lautet ihr voller Name) „glitchte“ zwar auch in den überfluteten Dungeons ab und zu in eine Lücke. Doch als ich mich mit diesem hölzernen Zustand zurechtgefunden hatte, war es ziemlich motivierend, mit den Fähigkeiten zu experimentieren, die zum Teil geschickt miteinander kombiniert werden. Große Wassermassen gefroren im Handumdrehen zu einer Brücke oder schmolzen geheime Grotteneingänge auf. Oder ich tauchte an den Grund eines Tümpels, um neben einem magischen Stein eine riesige Luftglocke zu installieren und an antiken Apparaturen herumzupfuschen.

Hier werden Stachelfallen eingefroren, Steinkugeln mit einem blitzenden Strahl auf verbundene Schalter gewuchtet oder Gatterfallen mit einem Sprint überlistet. Wasser-Sphären laden zum Schwimmen in die Höhe ein oder stoppen abrupt einen riesigen rollenden Spinnengoblin. Die hektische Kamera gestaltete allerdings auch die mehrstufigen Bosskämpfe etwas holprig – z.B. gegen einen Stier, der ganze Reihen spitzer Eiszapfen aus dem Boden schießen lässt.