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Agatha Christie: The ABC Murders (Adventure) – Mit Grips, Charme und Melone

Sherlock Holmes und Professor Layton bekommen Konkurrenz aus Belgien: Der gemütliche Privatdetektiv Hercule Poirot greift dem hoffnungslos überforderten Scotland Yard bei der Jagd auf einen Serienmörder unter die Arme. Können die zahlreichen Dialogrätsel und Mechanik-Puzzles den Roman aus den Dreißigern bereichern?

© Artefacts Studio / Microïds

Krimi zum Mitspielen

Die Geschichte bleibt nah an der Romanvorlage von 1936: Eigentlich wollte der belgische Gentleman mit Hut und Schnauzer sich in London zur Ruhe setzen. Doch als der mutmaßliche Kopf einer Mordserie ihn persönlich herausfordert, fühlt Poirot sich natürlich verpflichtet, Scotland Yard auszuhelfen. Wieder und wieder kündigt der unbekannte Verfasser seine Gräueltaten in Briefform an. Poirot und seinem unbeholfenen Begleiter Hastings bleibt nichts anderes übrig, als in die südenglischen Provinzörtchen zu fahren, die Leichen an den Tatorten zu begutachten und sich auf die Suche nach Indizien zu machen. Ein Detail bleibt stets gleich: Immer wieder lässt der Mörder als Signatur einen aufgeschlagenen ABC-Fahrplan der Bahn auf dem Opfer liegen. Die Spielmechanik orientiert sich in erster Linie an Sherlock Holmes‘ letzten Abenteuern, setzt die Deutung der Indizien sowie andere Elemente aber weniger komplex und viel einsteigerfreundlicher um. Außerdem streut Entwickler Artefacts Studios immer wieder ausgelagerte Mechanik-Puzzles im Stil von Professor Layton ein.

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Frische Seeluft, frische Leiche – was will man mehr? © 4P/Screenshot

Schon beim ersten Mord an der Tabakladenbesitzerin Alice Ascher wird klar, dass es sich nicht um einen gewöhnlichen Überfall gehandelt haben kann. Das Geld liegt unangetastet in der Kasse, es gibt keinerlei Anzeichen für einen Kampf oder andere Verwüstungen. Außerdem stellt sich im Gespräch mit Zeugen heraus, dass auch verhasste Bekannte wie der versoffene Ehemann nicht wirklich ein Motiv besitzen – obwohl der unbedarfte Chefinspektor Japp natürlich voreilig davon ausging. In solchen Momenten macht sich Poirots Fingerspitzengefühl in den zahlreichen Dialog-Rätseln bezahlt. Seine innere Ruhe macht nicht nur das Knobeln für den Spieler zu einer entspannten Angelegenheit, sie wirkt sich idealerweise auch auf seine Gesprächspartner aus. Die strenge Chefin eines Cafés an der Küste z.B. taut schnell auf, wenn der belgische Gentleman alter Schule erst einmal ein paar nachdenkliche Sprüche über die „Jungend von heute“ zum Besten gibt. In jedem Gespräch hangelt man sich durch einen verzweigten Baum alternativer Fragen, welche die bebilderte Zeitleiste im Menü mit neuen Erkenntnissen füllt – oder auch nicht.

Auch Rüpel kommen ans Ziel

Zusätzlich verdient man sich Extrapunkte, wenn man sich besonders stilecht wie in der Romanvorlage verhält. Schade, dass sich das Konversationsgeschick nicht stärker auf den Ausgang der Ermittlungen auswirkt. Beim ersten Mord z.B. habe ich mich im zweiten Anlauf absichtlich völlig daneben benommen und derart schroffe Fragen ausgewählt, dass die trauernde Nichte schnell mit einem Heulkrampf aus dem Zimmer rannte. Auch die Verkäuferin im Laden nebenan weigerte sich nach ein paar frechen Bemerkungen zunächst, mit mir zu sprechen. Dank ein paar vorgegebenen Scripts in der Handlung kam ich trotzdem wieder relativ schnell ans Ziel – hatte allerdings ein paar Erkenntnisse weniger über die Umstände gewonnen.

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Nach der Sammlung von Indizien rekonstruiert Poirot den Tathergang Schritt für Schritt in seinen Gedanken. Am diesem Strand erwischt es Sängerin und Lebefrau Betty Barnard. © 4P/Screenshot

Eine wichtige Rolle spielen auch die Mechanik-Puzzles, welche ähnlich wie in Professor Layton auf einen Extrabildschirm ausgelagert werden. Meist handelt es sich um Apparate mit allerlei mechanischen Rädchen, Hebeln und versteckten Schlüsseln. Ein eleganter Schellack-Plattenspieler z.B. lässt sich nur starten, wenn man das Geheimfach mit der Handkurbel findet. Vorher muss man einen Code aus Musiknoten entschlüsseln, dessen Schema sich natürlich anderswo findet. Meist lassen sich diese Rätsel relativ leicht und in einem Rutsch lösen. Mit Hilfe der Maus lässt sich das Objekt um die eigene Achse drehen, per Zoom nimmt man kleinere Mechanismen unter die Lupe, legt Schalter um oder schiebt Holzklötze zur Seite.

  1. ICHI- hat geschrieben:Als Adventure Fan macht mich das sehr traurig ; (
    Book of Unwritten Tales 2 ist auch schon wieder etwas her und das Genre wird ja leider kaum noch bedient.
    da kommt genug zeug, nur 4players kann aufgrund der ausrichtung keine vollständige übersicht leisten.
    http://www.adventure-treff.de/
    ist deine wahl, wenn du recht umfassend informiert werden willst ;).

  2. ChrisJumper hat geschrieben:
    ICHI- hat geschrieben:Als Adventure Fan macht mich das sehr traurig ; (
    Book of Unwritten Tales 2 ist auch schon wieder etwas her und das Genre wird ja leider kaum noch bedient.
    Dann muss ich wohl auf Day of the Tentacle Remaster warten. Da kann wenigstens nichts schiefgehen.
    Stimmt, im kleinen gibt es ja noch ähnliches wie Life is Strane, Oxenfree oder Firewatch...
    Dieses Jahr kommt von Daedalic neues Futter:
    Silence
    The Devils Men
    Das sieht einfach nur genial aus , The Devils Men , soll aber wohl auch erst 2017 erscheinen hab ich gelesen.
    Aber im März diesen Jahres kommt Dog Mendonca and Pizza Boy.
    Wird vielleicht auch gut.

  3. ICHI- hat geschrieben:Als Adventure Fan macht mich das sehr traurig ; (
    Book of Unwritten Tales 2 ist auch schon wieder etwas her und das Genre wird ja leider kaum noch bedient.
    Dann muss ich wohl auf Day of the Tentacle Remaster warten. Da kann wenigstens nichts schiefgehen.
    Stimmt, im kleinen gibt es ja noch ähnliches wie Life is Strane, Oxenfree oder Firewatch...
    Dieses Jahr kommt von Daedalic neues Futter:
    Silence
    The Devils Men
    Ich persönlich warte aktuell noch auf den Abschluss dieser Dreamfall-Episoden. Befürchte aber auch weil die hier so schlechte Wertungen bekommen hatten und so verbugged waren das es wohl nicht so toll wird :/
    Schade das dieses Agatha Christie Spiel nicht so toll ist. Ich verstehe zwar die Problematik mit solchen Titeln.. aber absolut nicht warum die Spiele immer so mittelmäßig werden.
    Die Sherlock-Reihe zeigte doch das es auch nahezu Cineastisch sein kann und auch Tiefgang haben könnte. Eventuell ist das Budget immer zu klein. Dabei hätte ich mal wieder so richtig Lust auf ein Spiel zum Miterleben und Miträtseln. Erst vor kurzem noch mal die Filme gesehen: Mord im Orient Express und Miss Marple.
    Vielleicht liegt zu unserer Zeit das Empörungspotential zu Hoch weil es dauernd Morde und Affären in den Medien gibt, das es nicht mehr berührt wenn so etwas aufgedeckt wird.
    Thimbleweed Park *Notieren muss*

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