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Staatliche Förderung der Spiele-Entwicklung mit Hindernissen: „Wie der Bund Startups vernichtet“

Staatliche Förderung der Spiele-Entwicklung mit Hindernissen: „Wie der Bund Startups vernichtet“

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Ein Bericht über die Probleme bei der Beantragung von staatlicher Förderung für ein Spiele-Projekt hat in den vergangenen Tagen auf Reddit größere Wellen geschlagen. Eine Person beschreibt unter dem Deckmantel der Anonymität ihre Erlebnisse und kommt auf Missstände, viel Bürokratie sowie lange Antwortzeiten zu sprechen. Der Titel des Beitrags lautet: „Videospieleentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland. Oder: wie der Bund Startups vernichtet.“

Das Ziel des Projektleiters war es, ein Spiel mit insgesamt sechs Entwicklern in einem Jahr zu produzieren. Dazu mussten laut Autor knapp 400.000 Euro (knapp kalkuliert) her. 200.000 Euro sollten als Fördermittel vom Staat kommen. Auch andere Investoren/Banken waren interessiert an dem Projekt. Da das von Andreas Scheuer (CSU) geleitete Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur (BMVI) den Antrag aber nicht in zwei Monaten bearbeiten konnte, sprangen die anderen Interessierten ab – was besonders schwerwiegend ist, da externe Investoren bei der staatlichen Förderung zwingend erforderlich sind, um überhaupt eine Förderung zu erhalten. Der Autor kann den Rückzug der Investoren/Banken nach längerer Sendepause verstehen, nicht aber die lange Leitung des Bundesministeriums.

Die Antwort auf den Förderungsantrag kam nach einem halben Jahr, aber nicht vom Bundesministerium, sondern vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, das in der Zwischenzeit bei der Bearbeitung aushalf. Man könnte meinen, Spiele-Entwicklung sei Raketentechnik in Deutschland. In dem Schreiben hieß es, dass sie einen Antrag stellen dürften.

„Natürlich ist das DLR – normalerweise mit Raketen und künstlichen Satelliten beschäftigt – mit diesem Gamingbullshit genau wie das BMVI vollständig überfordert, mutmasslich unzufrieden, und lässt das auch so richtig raushängen. Provozierende Mitarbeiter, schleppende Antworten, dämliche Fragen im Klein-Klein Bürokratieirrsinn“, heißt es im Original. Dieses Geschehen fand in der zweiten Jahreshälfte 2019 statt. Erst danach machte die Covid-19-Pandemie die Sache noch schwerer.

Weiterführend wird ein Teufelskreis beschrieben: „Trotz Beteuerung und schriftlichen Zusagen von Banken, Fonds und Beteiligungsgesellschaften wurde eine Kreditfinanzierung nach mehreren Monaten abgelehnt. Corona fordert seine Opfer, die Banken wollen kein Risiko eingehen, erstrecht nicht mit dem Neuland Gaming. Sie geben dies übrigens unumwunden direkt zu: Ihnen fehle die Expertise; würde aber die BMVI die Förderung zusagen, gäbe man gerne sofort Kredite, ohne dieser aber nicht. Das BMVI sagt selbstverständlich das Gleiche: Ohne fertige Finanzierung gibt’s keine Förderung.“

Das Fazit lautet: „Zwei Investoren verloren, Banken verloren, Mitarbeiter verloren, viel Eigenkapital verloren, weil wir nicht starten durften. (…) Wir durften nicht beginnen, es wurde Zeit durch das BMVI massivst verschleppt, Eigenkapital verbrannt für nichts und wieder nichts, Geld das ein Startup nicht hat und Eigenkapital so kostbar wie Wasser in der Wüste und unantastbar wie des Kaisers Frau ist. Was das BMVI abzieht, das ist keine Förderung, das ist ein volkswirtschaftliches Verbrechen. Sie vernichten Startups. So ist das eben, in der Bund[e]srepublik Deutschland. Wo Internet und Gaming Terror-Neuland sind.“

Dieser Reddit-Beitrag sorgte für viel Aufsehen (über 4.000 Upvotes) und mittlerweile kamen auch zwei Antworten von Personen, die ihre eigenen Erlebnisse schilderten. Ein Kommentar/Beitrag war überaus positiv, während in dem anderen Bericht wieder massive Probleme bei der Förderung zum Vorschein kommen.

Das Branchen-Magazin GamesWirtschaft berichtet ebenfalls über den Fall und schreibt über den aktuellen Stand der Förderung und den zur Verfügung stehenden Geldmitteln:

„In Summe wurden bislang weniger als 10 Mio. Euro jenes 50-Mio.-Euro-Topfes ausgeschüttet, der für 2019 zur Verfügung stand. Weitere 50 Mio. Euro pro Jahr sind bis 2023 eingeplant. Allerdings gibt es bis heute keinerlei Informationen zur Ausgestaltung jener Großprojekt-Subventionen, obgleich die EU-Genehmigung bereits seit einem halben Jahr vorliegt. Sowohl deutschen Studios als auch internationalen Publishern fehlt somit weiterhin jegliche Planungssicherheit mit Blick auf Rahmenbedingungen und Fristen. Ob bis Silvester noch Zuschüsse aus dem diesjährigen Videospiele-Etat ausgezahlt werden, ist völlig offen. (…) Der zuständige Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte die Richtlinie ursprünglich für das Frühjahr 2020 angekündigt, mutmaßlich im Umfeld des Deutschen Computerspielpreises. Aus Berlin ist zu hören, dass sich Scheuer den öffentlichkeitswirksamen Startschuss dieser wichtigen zweiten Phase nun für Ende August vorgenommen hat – am 28. August eröffnet er die rein digitale Gamescom 2020.“

Mittlerweile kritisieren Abgeordnete von FDP, SPD und den Grünen die Versäumnisse (langsame Abwicklung, zu bürokratisch) bei der Computerspiele-Förderung – und abermals Andreas Scheuer. Weitere Kommentare und Angaben sind bei GamesWirtschaft aufgelistet.