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Games-Förderung in Deutschland: „Realitätsferne“ Eigenanteil-Hürde und Kritik am Bewilligungsprozess

Games-Förderung: „Realitätsferne“ Eigenanteil-Hürde und Kritik am Bewilligungsprozess

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Die Games-Förderung in Deutschland, also die staatliche Förderung der Entwicklung von Computer- und Videospielprojekten, steht durch eine Passage im „Antrags- und Bewilligungsprozess“ des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI; Behördenleitung: Andreas Scheuer, CSU) derzeit massiv in der Kritik. Der Grund für den Aufruhr bei deutschen Entwicklern ist der erforderliche Eigenanteil für die Games-Förderung, der zwei im Spielebereich wichtige Geldquellen wirksam ausklammert.

Laut einem Bericht im Branchen-Magazin GamesWirtschaft müssen die Unternehmen, welche die Games-Förderung beantragen, einige Kosten und dadurch etwas Risiko selbst tragen. In dem Dokument heißt es: „Das bedeutet u. a., dass ein Teil des Risikos auch vom Unternehmen selbst getragen werden muss – i. d. R. in Höhe von mindestens 50 Prozent des Gesamtaufwandes: Bei mittleren Unternehmen kann dieser Anteil auf 40 Prozent, bei Klein- und Kleinstunternehmen auf bis zu 30 Prozent reduziert werden, letzteres entspricht dann einer Förderquote von 70 Prozent.“

Der Eigenanteil muss also „irgendwie anders“ beschafft werden, was kleineren Unternehmen oder Start-ups nicht leicht fallen dürfte. Doch in dem Dokument werden die zwei wichtigsten, üblichen Finanzierungsmöglichkeiten ausgeschlossen. Unter Punkt 3.2.2 steht, dass „projektbezogene Zuschüsse Dritter“ nicht als Eigenanteil anerkannt werden. Sollten die Entwickler beispielsweise einen Spiele-Publisher gefunden haben, der Geld in das Vorhaben investiert, so darf dies nicht als Eigenanteil berücksichtigt werden. Es wäre jedoch denkbar, dass ein Publisher das Geld nicht „projektbezogen“ bindet und dem Studio zur freien Verfügung stellt, wodurch die Mitarbeiter des Studios mit dem Geld machen könnten, was sie wollen. Es ist daher unwahrscheinlich, dass Publisher solche Studio-Finanzierungen den „projektbezogenen“ Finanzierungen vorziehen würden, nur um die staatlichen Mittel zu erhalten. Des Weiteren zählt Geld aus Crowdfunding-Kampagnen (Kickstarter) auch nicht als Eigenanteil, weil dieses ebenfalls „projektbezogen“ ist. Für viele Antragssteller und kleine Unternehmen aus Deutschland ist diese Eigenanteil-Vorgabe eine hohe Hürde. Nicht betroffen sind hingegen die deutschen Töchter internationaler Konzerne.

„Diese Haltung bringt schon jetzt Spiele-Entwickler in Nöte, die sich selbstständig gemacht und/oder im Lichte der Förderung entsprechende Vereinbarungen mit Publishern getroffen haben. Zumal sich die im April 2019 veröffentlichte Förderrichtlinie des BMVI zu solchen Details des Eigenanteils ausschweigt. In der Branche wird der Fall als neuerlicher Beleg für die unterentwickelte Erfahrung von Scheuers Behörde mit der Förderung von Projekten abseits von Autobahnabschnitten, Sendemasten und ICE-Trassen gesehen“, heißt es bei GamesWirtschaft.

„Die Finanzierung durch einen Publisher ist in der Spiele-Entwicklung in vielen Bereichen der Regelfall. Diese finanziellen Mittel nicht als Eigenanteil zu berücksichtigen, wäre realitätsfern und wird deshalb auch in anderen Fördermodellen nicht so gehandhabt“, meint der Game-Geschäftsführer Felix Falk gegenüber GamesWirtschaft.


Sven-Christian Kindler (haushaltspolitischer Sprecher der Grünen) fordert (Quelle): „Minister Scheuer muss hier schnellstens eine unbürokratische Lösung auf den Tisch legen, sonst nützt vielen Start-ups die Games-Förderung des Bundes nichts. Dass das BMVI auch Crowdfunding-Projekten Steine in den Weg legt, geht gar nicht. Statt sich querzustellen, weil man die Games-Branche und ihre Finanzierungsmodelle nicht kennt, müssen jetzt pragmatische Lösungen her. (…) Leider merkt man erneut, dass die Games-Förderung in Scheuers Haus völlig falsch aufgehoben ist. (…) Die Finanzierung durch einen Publisher ist in der Spiele-Entwicklung der Regelfall, das sollte auch Andreas Scheuer wissen.“

GamesWirtschaft schreibt außerdem, dass Abwicklung und Auszahlung der Fördergelder ohnehin sehr schleppend vorangehen würde und nur ein Bruchteil bisher bewilligt wurden (Stand Februar 2020: 3,7 Mio. Euro von 50 Mio. Euro wurden abgerufen). Zudem würde die EU noch prüfen, ob die Bundesrepublik Deutschland überhaupt Schecks in Millionen-Höhe verteilen darf, was laut Andreas Scheuer nur eine Formsache sei. Aktuell dürfen maximal 200.000 Euro pro Studio bewilligt werden, was bei Großprojekten nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist.

Die Games-Förderung für den Bundeshaushalt 2020 (bis 2023; je 50 Mio. Euro pro Jahr) wurde erst spät im vergangenen Jahr nach einer „Rolle rückwärts“ überhaupt realisiert (wir berichteten).