Aktualisierung vom 25. Mai 2020, 13:33 Uhr:
Mittlerweile sind auch die kostenlosen Fingertracking-Updates für die beiden ersten offiziellen Spiele The Curious Tale of the Stolen Pets und Waltz of the Wizard im Oculus-Store erhältlich.
Ursprüngliche Meldung vom 20. Mai 2020, 13:16 Uhr:
Amerikanische Virtual-Reality-Freunde sprechen bei der Oculus Quest gerne vom „gift that keeps on giving“: Facebooks mobiles, eigenständiges VR-Headset bekommt schließlich seit seinem Start vor einem Jahr immer wieder neue Funktionen per Patch. Eine der faszinierendsten ist das Hand- und Finger-Tracking, welches seit dem aktuellen Update aus der Beta heraus ist und offiziell veröffentlicht wurde.
Einfach die bloßen Hände mittig vor die vier Tracking-Kameras am Rahmen halten – und schon könnt ihr das Hauptmenü und bald auch ein paar Spiele mit euren eigenen Fingern steuern! Im Menü haltet ihr z.B. die Seiten fest, blättert nach oben oder unten und wählt per „Hand-Cursor“ Menüpunkte mit dem Zusammendrücken von Daumen und Zeigefinger aus. Falls das Update bei euch noch nicht da ist, könnte ein Neustart helfen; Oculus liefert es leider wieder über mehrere Tage verteilt an die Nutzer aus. Oculus erläutert:
„Auch das Hand Tracking auf der Oculus Quest erreicht jetzt eine neue Phase. Nachdem es im letzten Dezember als experimentelles Feature eingeführt und Entwicklern ein Preview-SDK zur Verfügung gestellt wurde, wird das Hand Tracking mit dem Software-Update v17 für die Quest nun als generelles Feature integriert. Damit erleben Nutzer mit Apps wie Waltz of the Wizard oder The Curious Tale of Stolen Pets nochmal ein neues Level an Freiheit.“
Der Entwickler-Blog präzisiert allerdings, dass die beiden genannten Spiele erst irgendwann gegen „Ende des Monats“ ihr Update für Fingersteuerung bekommen.
Ebenfalls unterstützt werden soll laut Oculus-Blog das „Cinematic Narratives Set“ – ein Doppelpack interaktiver VR-Erzählungen bzw. VR-Kurzfilme. Dabei handelt es sich um Gloomy Eyes (eine Liebesgeschichte im Grusel-Gewand, mehr dazu hier) und The Line („eine Welt der Minaturen, in der alles immer tiptop und ewig gleich ist – bis dies sich irgendwann ändert“). Beide Erfahrungen werden am 28. Mai im Oculus-Store veröffentlicht. Ab diesem Tag können interessierte Entwickler laut Entwickler-Blog von Oculus zudem eigene Projekte mit Handtracking einreichen. Bislang wird nur Unity unterstützt, die Unreal-Engine soll aber „bald“ folgen.
In tatsächliche Spiele konnten wir für diesen News-Eindruck also leider nicht mehr hineinschnuppern. Wir haben allerdings bereits in der experimentellen App „Hand Physics Lab“ herumgealbert, die per Sidequest erhältlich ist (mehr dazu hier, per Sidequest gibt es auch andere experimentelle Fingertracking-Titel). Werft am besten einen Blick auf unsere Spielszenen, die das Herumgegriffel besser erklären können als jeglicher Text:
Man boxt, streichelt oder wirft arglose Strohpuppen, hantiert mit dem Hammer und Messern, saut sich beim Malen mit Fingerfarben ein oder tippt mit den Fingerspitzen auf einer virtuellen Tastatur. Nebenbei lassen sich an Schaltern Feinheiten wie eine Art Macht-Strahl im Star-Wars-Stil oder die Anziehungskraft deaktivieren – weee!
Es fühlt sich tatsächlich sehr schräg und faszinierend an, plötzlich die eigenen Hände in der virtuellen Welt vor Augen zu haben – ganz ohne Controller in der Hand, wie es noch bei der Valve Index der Fall ist. Die Hände bewegen sich allerdings deutlich träger über den Schirm als die Controller der Quest. Offenbar belasten all die physikalischen Tricks und berechneten Objekte die Rechenleistung des Mobil-Chips beachtlich, denn die Finger reagieren spürbar langsamer als z.B. im Quest-Menü.
Nachteile sind momentan zudem noch, dass sich die Hände zentral vor allen vier frontalen Tracking-Kameras der Oculus Quest befinden müssen, damit sie nicht ab und zu falsch berechnet am Rand herumzucken – und natürlich, dass es weder Feedback noch Gegendruck wie bei klassischen Controllern gibt. Daher knicken die Finger z.B. ab, wenn man sie mit Fingerfarbe zu nah an die Leinwand drückt. Bei Objekten wie der Sparrings-Puppe stoppen sie bei Kontakt aber auf der Oberfläche ab – bzw. schubsen das Objekt weg.
Obwohl die Technik noch in den Kinderschuhen steckt, ist ihr Potenzial aber schon jetzt klar spürbar! Sobald die optimierten Berechnungen irgendwann flüssiger laufen und es bessere Routinen für die Berechnung der Handposition an den Rändern gibt, könnten einige Genres von der Technik profitieren. Vor allem Detektiv-Adventures oder Suchspiele wie das oben genannte The Curious Tale of Stolen Pets dürften prima dazu passen. Auch Musikspiele, bei denen man Noten trifft, herbei fliegende Kurven berührt und dergleichen, wirken wie gemacht für die Steuerung mit den eigenen Händen.
Praktisch ist, dass es in diesen Bereichen ohnehin große Schnittmengen mit Gelegenheitsspielern gibt, die VR bisher skeptisch gegenüberstehen. Wenn sie nach dem Aufsetzen der Oculus Quest sofort mit den eigenen Händen loslegen, greifen und zeichnen können, dürfte man sie viel einfacher für VR begeistern können als mit abschreckenden Controllern und ihren zahlreichen Knöpfen. In den meisten Genres wie Shootern, Plattformern & Co. – in denen Präzision, Gegendruck und Feedback nötig ist – dürften aber „klassische“ Bewegungs-Controller weiterhin die erste Wahl bleiben.