Altawer?
Lasst uns mit zwei Fragen beginnen: Wer von euch kann mir die Produzentin von Assassin´s Creed (AC) nennen? Und wer kennt den Namen des Meuchelmörders, den ihr durch den Nahen Osten zur Zeit der Kreuzzüge navigiert?
Die Antwort auf die erste Frage dürfte den meisten leicht fallen, die sich seit der Ankündigung mit AC beschäftigen: Jade. Jade Raymond um genau zu sein. Das ist auch keine große Kunst. Denn die nicht nur kompetente, sondern auch gut
aussehende Produzentin, stand vor allem in den letzten Monaten mehr im Mittelpunkt als das Spiel an sich. Immerhin wollte sie mit dem geschichtlichen Ausflug in die Zeit des dritten Kreuzzugs das Action-Abenteuer neu definieren. Eine Aufgabe, an der schon viele Produzenten gescheitert sind.
Frage zwei hingegen dürfte vielen die Denkfalten auf die Stirn zaubern. Na? Irgendjemand? Kommt schon, wie heißt der Hauptdarsteller? Ein Tipp: Sein Name beginnt mit Alta. Bevor hier irgendjemand mit Altafalta oder Altavista kommt, lösen wir es lieber auf: Er heißt Altair.
Ist das letztlich wichtig? Nein. Dennoch ist diese Diskrepanz zwischen Bekanntheitsgrad von Spielhauptdarsteller und Spielproduzentin irgendwie bezeichnend. Dabei muss sich AC wahrlich nicht hinter den anderen Produkten aus dem Hause Ubi Montreal verstecken. Zur Erinnerung: Auch die Splinter Cell- und Prince of Persia-Franchises kommen aus der Großstadt in der kanadischen Provinz Québec.
Und tatsächlich hat der Assassine viel mit Sam Fisher und dem persischen Thronfolger gemeinsam. Doch dazu kommen wir gleich. Denn ein Streit- und Diskussionspunkt, der uns seit Wochen und Monaten in der Redaktion beschäftigt, muss aus dem Weg geräumt werden – ohne allerdings viel spoilern zu wollen: Was hat es mit diesen merkwürdigen Bildinterferenzen und den DNS-Strängen auf sich, die sich durch die letzten Trailer zogen und die für allerlei Rätselraten gesorgt haben?
Fragen und Antworten
Die Lösung dürfte bei vielen, die einen klassischen Hintergrund erwartet haben, für kaltes Grauen sorgen: Denn die Annahme, dass auch Erinnerungen von Vorfahren über das genetische Material weiter gegeben und mit Hilfe moderner Technik nacherlebt werden können, erinnert nicht nur an die Theorien des Schweizer Psychologen Carl Gustav Jung (1875 – 1961), dessen Animus-These auch in AC in einer abgewandelten Form auftaucht: Ihr spielt quasi in der Erinnerung eurer Vorfahren, während ihr auf dem „Animus“ liegt, einem Gerät, das die Erforschung der in der DNS gelagerten Erinnerungen erlaubt. Das gesamte Grundgerüst der auf zwei Ebenen ablaufenden Geschichte könnte das Ergebnis von „Dan Brown nimmt sich der Matrix an“ sein.
Auch ich war anfangs skeptisch, ob diese Mischung aus Moderne und dem Jahr 1191, in dem ihr den Großteil der insgesamt gut 15 bis 20 Stunden akrobatischer Meuchelmörderei verbringt, aufgeht.
Doch hier muss man dem Team das erste Lob zollen: Die Geschichte ist filmreif, in sich schlüssig und wartet in den jeweiligen Erzählebenen „Vergangenheit“ und „Gegenwart“ mit einigen interessanten Überraschungen und Verknüpfungen samt Cliffhanger-Ende auf, das keinen Zweifel über mögliche Fortsetzungen lässt.
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Auf der Flucht: Altair verlässt sich nicht wie sein moderner Kollege Sam Fisher auf Schatten, sondern auf akrobatische Dachausflüge… |
Was allerdings viel schwerer wiegt: AC schafft es, mich trotz des Wissens, dass ich eigentlich nur Erinnerungen nachspiele, glaubhaft in die Zeit der Kreuzzüge zu ziehen.
Alles ist erlaubt
Großen Anteil daran hat der Mix aus Spielmechaniken und viel mehr noch die imposante Kulisse. Denn spätestens wenn ich nach einem Attentat auf der Flucht vor meinen Verfolgern über die Dächer von Akkon, Jerusalem oder Damaskus fliehe oder vergeblich versuche, in der Bevölkerung oder im Kampf mein Heil zu suchen, geht der Adrenalinspiegel steil nach oben. Und es ist mir absolut egal, ob ich irgendwo in meinem Hinterkopf weiß, dass ich eigentlich gar nicht in der Vergangenheit bin. Auch die durch moderne Technik unterstützte Zielerfassung, die mich bei einem Titel wie der Thief-Serie normalerweise in ein tiefes Atmosphäre-Tal stürzen würde, stört mich hier überhaupt nicht mehr. Die Illusion ist nahezu perfekt und die Ebenenverwirrung Realität/Alternative Realität/Vergangenheit/Erinnerte Vergangenheit unterstützt entgegen aller Erwartung die Atmosphäre.
Der große Reiz der Aufträge, die ihr erfüllen müsst, liegt in der grundsätzlichen Freiheit, die euch AC anbietet: Auf dem Weg zu eurem Ziel gibt es zwar ein paar Vorgaben, die erfüllt sein müssen, doch die Entscheidungen liegen letztlich bei euch.
Zu den Vorgaben gehört z.B. ein Besuch im lokalen „Ortsbüro“ des Assassinen-Ordens. Dort müsst ihr mit dem Vertrauten über das mutmaßliche Opfer sprechen und ihr erhaltet Hinweise, wo ihr Informationen bekommt, die euch das Attentat erleichtern und die gesamte Aktion rechtfertigen.